Geleitwort

Umwelt- und Naturschutz sind im Mittelpunkt von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft angekommen. Mehr Menschen denn je wird bewusst, was es für sie bedeutet, wenn die planetaren Grenzen fortgesetzt überschritten werden. Zugleich wird immer klarer, dass sich das gewohnte Arbeiten, Wirtschaften, Konsumieren, mobil sein, Reisen, Ernähren usw. grundlegend ändern muss, Wege gefunden werden müssen, all dies nicht gegen sondern mit Natur und Umwelt zu gestalten. Und obwohl schon viele Weichen neu gestellt wurden, vom Pariser Klimaabkommen bis zum Klimaschutzgesetz in Deutschland und in der Europäischen Union, die Geschwindigkeit der Veränderungen muss auf allen Feldern erhöht werden.

Parallel stellt die beschleunigte Digitalisierung aller Lebensbereiche das Gewohnte in Frage, Geschäftsmodelle ganzer Schlüsselindustrien funktionieren nicht mehr, persönliche und politische Kommunikationsformen verändern die Art wie wir reden und diskutieren, in Folge der Covid-19 Pandemie wird unsere Arbeitswelt vollends auf digitale Grundlagen gestellt. Die sozial-ökologische und digitale Transformation erreicht eine neue Etappe.

In diesem zeitlichen Kontext erscheint die 3. Auflage dieses wichtigen Lehrbuches über Umweltinformationssysteme. Einen besseren Zeitpunkt könnte es nicht geben. Denn mit den skizzierten tektonischen Veränderungen unserer Welt erleben wir einen Bedeutungszuwachs für die Anwendungen der Informatik, wie sie sich die Autor*innen der ersten und zweiten Auflage kaum haben vorstellen können.

Die transformatorischen Herausforderungen unserer Zeit wollen gestaltet werden, ja sie werden nur zu bewältigen sein, wenn ihre Basis interoperable Umwelt(Geo-)daten sind. Die Umweltinformationssysteme sind der Schlüssel, um umwelt- und naturschutzgerechtes Handeln möglich zu machen, wie die Digitalisierung insgesamt Voraussetzung dafür ist, dass etwa Energie-, Verkehrs- oder Ernährungswende gelingen. Sie lösen unsere Herausforderungen nicht als Technologie, aber ohne die Digitalisierung als technologisches Instrument funktioniert die sozial-ökologische Transformation nicht. Dezentrale erneuerbare Energien brauchen digitale Steuerung zur Versorgungssicherheit, umweltgerecht gelenkte Verkehre brauchen digitale Anwendungen, um nur zwei Beispiele zu nennen.

So verhält es sich auch bei den klassischen Themen der Umweltpolitik. Messen und monitoren, ob lokal oder global, braucht digitale Messnetze und Fernerkundung. Szenarienannahmen etwa bei der Klimaanpassung brauchen datenbasierte Modelle, möglichst straßenscharf. Die Verfolgung von Wilderern ebenso wie die Überführung von Umweltstraftätern muss auf digitale Vollzugsdaten zurückgreifen können, um nur einige Beispiele zu nennen.

Zugleich eröffnen Daten neue Optionen: So kann digitale Sensorik helfen, das Dilemma von Artenschutz und Windenergie aufzulösen, wenn Rotorblätter frühzeitig herannahende Vögel detektieren und kurzzeitige Abschaltungen steuern. Building Information Modeling unterstützt Planer*innen und Genehmigungsbehörden bei ihrer Arbeit, ermöglicht in der Zukunft gar agile (und damit auch digital gestützte) Prozesse, die Genehmigungszeiten verkürzen können. Die Entwicklung von Geschäftsmodellen kann im Abgleich mit Umweltdaten frühzeitige Hinweise geben, ob die Idee im Einklang mit den planetaren Grenzen steht. Die Kreislaufwirtschaft braucht zu ihrem Funktionieren bei (häufig globalen) Wertschöpfungsketten an den „Übergabestellen“ verlässliche Daten, Produktpässe und digitale Zwillinge sind Instrumente, mit denen gearbeitet wird. Wenige Beispiele und „Gucklöcher“ in die Zukunft, die zeigen: Ohne Umweltinformationssysteme läuft bei der Zukunftsgestaltung nichts mehr. Sie sind die Instrumente für eine ökologisch und ökonomisch gute Zukunft.

Mit der europaweit einzigartigen Umweltpolitischen Digitalagenda hat das Bundesumweltministerium 2020 gezeigt, wie wichtig die Verknüpfung der Nachhaltigkeit mit der Digitalisierung ist. Künftige Umweltpolitiker*innen, Planer*innen und Verwaltungen aller Ebenen brauchen ein digitales Grundverständnis für ihre Arbeit. Diese 3. Auflage liefert dafür nicht nur das Rüstzeug sondern zeigt überdies auf, was für faszinierende Möglichkeiten sich aus den Umweltinformationssystemen ergeben, um unsere Zukunft ökologisch zu gestalten. Denn auch darum geht es bei sozial-ökologischen Transformation: Um die Lust, diese zu gestalten, unter Nutzung modernster Technologien bei klarer Zielorientierung. Die kommenden zwei Jahrzehnte sind entscheidende Jahrzehnte für das Leben aller auf diesem Planeten. Daran müssen alle Generationen und Berufe mitwirken. Die Umweltbehörden werden sich zu „Orten“ weiterentwickeln, in denen verlässliche Daten für alle zu finden sind und wo sich alle Akteur*innen, die an der Transformation mitwirken, austauschen können, um die besten Lösungen zu finden. Das vorliegende Grundlagenbuch sollten dabei alle in der Tasche haben.

 

Berlin im Februar 2021                                                        Ministerialdirektor Dirk Meyer Bundesministerium für                                                                                                                                   Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

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