COVID-19 Prävention: CO2-Messung und bedarfsorientierte Lüftung

Es ist Pandemie und wir nutzen eine der schärfsten Waffen nicht - Digitalisierung. Warum nicht? (Datenlage Schule nein, Kontaktverfolgung nein, Impftermine nein, Homeoffice nunja, Einzelhandel/Kultur/Kneipe nein...) verdammt wir könnten damit soviel bewegen?!

Wir sollten die Pandemie als „Disruption“ sehen und damit verstehen, welche Chance hier liegt uns nachhaltig als Gesellschaft zu verändern. Es betrifft Alle, es wird kein „zurück zum Alten“ geben.

Unser Ansatz: MINT-Aufklärung und digitale Tools nutzen - Selbstbau einer CO2-Ampel!

Ein CO2-Messgerät gehört in jeden Klassenraum und in jeden Hörsaal, entweder käuflich erworben, oder noch besser, gleich selbst gebaut. Denn beim Selbstbau lernen wir viel über Physik, Biologie, Chemie, sowie Informatik und können sogar weitere Features integrieren, die kaum ein Standardgerät bietet. Eine Expertengruppe der Swiss National COVID-19 Science Task Force hat die Potentiale der CO2-Messung aus wissenschaftlicher Sicht zusammengefasst. Die IoT2-Werkstatt ermutigt das Bildungssystem, sich selbst zu helfen. Wir unterstützen euch hier mit Bauanleitung  und wissenschaftlichen InformationenWeitere Tipps und Nachbauprojekte im ganzen Bundesgebiet findet ihr im Twitter von Guido Burger 

Aktuelle Mutationen lassen eine höhere Ansteckungsgefahr und impfresistente Virenstämme befürchten, auch Kinder und Jugendliche beeinflussen das Infektionsgeschehen. Beides keine guten Nachrichten für die Gesellschaft und fürs Bildungssystem. Fest steht: Aerosole spielen eine große Rolle bei der Übertragung in Innenräumen. Aerosole können wir nicht messen, wohl aber CO2 als Surrogatmarker. Zu wenig lüften erhöht das Erkrankungsrisiko, zu viel lüften schadet der Umwelt.  Das Video des ScienceLabs der TH Rosenheim fasst die wissenschaftlichen Hintergründe sehr anschaulich zusammen. Mit diesem Mitmachprojekt zur bedarfsorientierten Lüftung möchten wir die Initiative ergreifen, um die Virusausbreitung zu reduzieren und zugleich den Klimaschutz zu würdigen. 

Auch nach der Pandemie hilft uns zielgerichtetes Lüften dabei, schleichende Ermüdungsprozesse im Unterricht zu stoppen. Denn hohe CO2-Werte reduzieren auch die Aufmerksamkeit und das Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler. Hier konkrete Ergebnisse aus verschiedenen Studien:

  • Schlechte Luft reduziert die Aufmerksamkeit um bis zu 5%
  • Gute Lüftung erhöht die schulischen Testergebnisse in Mathematik und Lesen um 2 bzw. 3 %
  • Ein Anstieg um 100 ppm CO2 erhöht die krankheitsbedingte Abwesenheit um etwa 0,4 Tage/Jahr.

Können wir uns das leisten?

Nutzt die IoT2-Werkstatt, informiert euch über die Hintergründe (Linkliste), entwickelt eigene Ideen, baut selbst. Nicht nur in Zeiten der Pandemie sind diese Skills von herausragender Bedeutung (KI, SmartCity, Spektrometer, Pegelmessung Starkregen, Feinstaub und vieles mehr) . Aber Schritt für Schritt:

Was hat die CO2 - Konzentration in Innenräumen mit Corona-Ansteckungsraten zu tun?

Woher stammt das in Innenräumen befindliche Kohlendioxid?

Richtig, es stammt aus der Ausatemluft der Personen, die sich in den Innenräumen aufhalten. Jeder Mensch atmet pro Minute etwa 8-10 Liter Luft aus, die dort im intensiven Kontakt mit dem Lungengewebe gestanden hat. Die ausgeatmete Luft enthält deshalb neben CO2 (4 % = 40.000 ppm) auch winzige Flüssigkeitströpfchen (Aerosole), die aufgrund ihrer Größe für längere Zeit in der Luft schweben können. Ist die jeweilige Person mit dem Virus infiziert, so enthalten diese Tröpfchen auch Viruspartikel. Bei Aerosol-Sinkgeschwindigkeiten von wenigen Metern pro Stunde (Quelle) und Abnahme der biologischen Virus-Infektionsaktivität mit einer Halbwertszeit von ca. 2.7 Stunden (Quelle) bleibt die Raumluft längere Zeit belastet. Atmet ein gesunder Mensch diese kontaminierten Tröpfchen ein und überschreitet die darin enthaltende Anzahl an Viruspartikel eine minimale Infektionsdosis, so wird die Krankheit übertragen. Über 200 Wissenschafterinnen und Wissenschaftler appellierten kürzlich an die WHO, luftgebundenen Übertragungswege bei SARS-CoV-2 ernster zu nehmen (Morawska & Milton, 2020). Die CO2-Messung bietet eine kostengünstige Lösung zur Einordnung des aktuellen Risikos durch potentiell infektiöse Aerosole.

Befinden wir uns mit mehrerern Personen in einem Raum, so liefert die Messung der CO2-Konzentration ein Maß dafür, wieviel Prozent der von uns eingeatmeten Luft aus bereits ausgeatmeter Luft anderer Menschen besteht. Die Massenbilanz zeigt, dass eine gemessene CO2-Konzentration von ca. 1200 ppm (parts per million) bedeutet, dass fast 2% der Luft im Raum bereits mindestens einmal Lungenkontakt hatte [Rudnick&Milton, 2003]. Anschaulich kann man feststellen, dass jeder 50.te Atemzug den eine Person in diesem Raum tätigt, aus schon einmal ausgeatmeter Luft besteht. Über das sich daraus ergebene konkrete Corona-Infektionsrisiko wollen wir nicht spekulieren, es hängt von verschiedenen Faktoren ab, die zur Zeit noch intensiv erforscht werden Das MPI Chemie in Mainz bietet hierzu einen interaktiven Risk-Calculator. Ein Risikofaktor ist sicher die Anzahl von weiteren Personen im selben Raum, das lokale Pandemiegeschehen und die Strömung der Luft. Dem Problem, wie viele Personen sich überhaupt im Raum befinden, werden wir am Ende dieser Anleitung messtechnisch nachgehen (WiFi-Pax-Counter). Insgesamt gilt natürlich: Ist keine der im Raum befindlichen Personen infiziert, so besteht auch bei hohen Konzentrationen kein Infektionsrisiko.

News

Edelstein und Schmuck, News

Absolvent*innen des Campus Edelstein und Schmuck bei den German Design Graduates

Dua Fatima Baig

Die Initiative German Design Graduates (GDG) bietet Absolvent*innen deutscher Designhochschulen eine wertvolle Plattform, um ihre Abschlussarbeiten einem breiten Publikum vorzustellen und sich mit Vertreterinnen aus Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft zu vernetzen.

Seit 2022 wird GDG vom Rat für Formgebung getragen und zeichnet jährlich herausragende Abschlussprojekte mit Preisen und Förderformaten wie Ausstellungen oder Workshops aus. Ziel der Initiative ist es, die Sichtbarkeit junger Designtalente zu erhöhen, aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen im Design zu stärken und Brücken zwischen Hochschulen und der Designpraxis zu schlagen. Die Plattform, auf der alle teilnehmenden Absolvent*innen zu finden sind, finden Sie auf der Webseite der German Design Graduates.

In diesem Jahr sind einige Absolvent*innen des Campus Edelstein und Schmuck der Hochschule Trier auf der Plattform vertreten:

Dua Fatima Baig „The Theatre of Domesticity“ (Instagram)

Indem ich Geschlecht als Filter nutze, durchdringt meine Arbeit das Zusammenspiel von Raum, Objekten und Gesellschaft — Kräfte, die in der stillen Choreografie des Alltags zu Hause miteinander verflochten sind und dabei oft einer kritischen Analyse entgehen. Aufgewachsen in Pakistan, habe ich miterlebt, wie Traditionen wie die Aussteuervorbereitung den Lebensweg einer Frau vorbestimmen. Welche verborgenen Bedeutungen liegen in diesem Brauch oder dieser Sammlung?
Meine Arbeit legt die grundlegenden Faktoren offen, die erklären, warum Frauen in meiner Gesellschaft dort verankert sind, wo sie sind, und zeigt auf, wie materielle und immaterielle Aspekte der Kultur miteinander verbunden sind — wie physische Objekte unsichtbare Bedeutungen tragen, die gesellschaftliche Erwartungen festigen.
Diese häuslichen Gegenstände überschreiten durch Design, Funktion und eingebettete Rituale ihre reine Form. Sie werden zu kraftvollen Symbolen — nicht nur zu Werkzeugen, sondern zu Instrumenten der Prägung, zu Erweiterungen des Körpers.
Durch das Entschlüsseln ihres symbolischen Gewichts rahme ich den häuslichen Raum neu als einen aufgeladenen Ort der Macht, an dem Widerstand entstehen kann und an dem die stummen Skripte von Geschlecht hinterfragt und neu gedacht werden können.

Arianaz Dehghan „Woven Self“ (Instagram)

In meiner Arbeit wird persönlicher Bruch zu einer Quelle von Stärke, Schönheit und Transformation. Inspiriert von Carl Jungs Konzept des Schattens und dem Weg der Individuation wende ich mich den verborgenen, verletzten und oft abgelehnten Teilen des Selbst zu. Meine Arbeiten werden zu einem Medium für diese innere Reise. Zerbrochene Steine und verflochtene Haarsträhnen dienen als Metaphern für Resilienz, Erinnerung und Heilung. Haare sind, obwohl zart, unglaublich stark – ein Symbol für den Widerspruch zwischen Verletzlichkeit und Stärke. In gebrochene Materialien eingeflochten, werden sie zu einem Kontinuitätsfaden, ähnlich der DNA, der Geschichten, Traumata und Identitäten miteinander verbindet. Jeder Knoten und jede Verbindung erzählt eine Geschichte, nicht nur von Heilung, sondern von Werden. Mein Schmuck spricht von Momenten der Zerbrechlichkeit und der stillen Wandlung und lädt die Träger:innen ein, Brüche nicht als Ende, sondern als Anfang zu begreifen. Wenn wir uns wieder zusammensetzen, kehren wir nicht zu dem zurück, was wir waren. Wir tragen die Schönheit des Bruchs in uns und werden zu etwas völlig Neuem.

Poras Dhakan „A Gift or a Theft“ (Instagram und Webseite)

Diese Arbeit beschäftigt sich mit den fortwährenden Nachklängen kolonialer Macht und untersucht, wie Museen weiterhin Narrative über Indien durch die Präsentation von Artefakten formen, die während der Zeit imperialer Eroberung erworben wurden. Sie hinterfragt, ob Museen „fortbestehende koloniale Vermächtnisse“ aufrechterhalten, und analysiert die komplexe Beziehung zwischen kultureller Repräsentation, historischer Interpretation und den anhaltenden Auswirkungen kolonialer Praktiken. Der Fokus liegt auf Objekten, die sowohl von Gewalt als auch von Aneignung geprägt sind und in solchen Räumen gezeigt werden. Dabei wird gefragt, ob die Narrative um diese Artefakte koloniale Vergangenheiten verherrlichen und vorurteilsbehaftete Sichtweisen auf Indien verstärken — und so letztlich „den Stift halten“, um die Geschichte zu kontrollieren.

Grace Horton „From Scraps to Sculpture“ (Instagram)

Ich suche oft nach Materialien aus Kisten in alten Garagen oder Hinterhöfen, alten Tischplatten, Schrottplätzen oder auf der Straße weggeworfenen Gegenständen und verwandle das, was zerbrochen war, wieder in etwas Ganzes. Indem ich diese Überbleibsel mit einem von mir entwickelten Silikon verbinde, versuche ich, alten Gegenständen ein neues Leben zu geben. Der Stein, den ich von Steinmetzbetrieben sammle, kann aufgrund von Mängeln in Farbe, Qualität oder Struktur weggeworfen worden sein. Ein weggeworfener Stein allein kann übersehen werden, aber wenn er kombiniert und als Bausteine verwendet wird, spielt jeder Stein eine wichtige Rolle bei der Bildung der strukturellen Skulpturen, die übrig bleiben. Die Kosten für den Transport von Steinen oder Materialien aus mineralreichen Gebieten in Übersee sind astronomisch. Der Bergbau hinterlässt karge und verschmutzte Landschaften, und wenn diese Steine nach Deutschland gebracht und dann weggeworfen oder als unbrauchbar für die kommerzielle Nutzung eingestuft werden, hinterlässt dies einen großen ökologischen Fußabdruck. Die Technik, die ich entwickelt habe, ermöglicht es, diese Materialien in einem zeitgenössischen Rahmen darzustellen.

Niyoushasadat Moosavi „Reflection of mind on body“ (Instagram und Webseite)

Dieses Projekt untersucht die tiefe und komplexe Beziehung zwischen Geist und Körper anhand psychosomatischer Erkrankungen, bei denen sich psychischer und emotionaler Stress in körperlichen Symptomen äußert. Diese Störungen entstehen häufig aus Kindheitserfahrungen und unterdrückten Emotionen und zeigen, wie stark das innere Selbst den Körper beeinflussen kann.
In diesem Projekt ist Schmuck nicht nur dekorativ; er wird zu einer tragbaren Form der Kommunikation, die die unsichtbaren, unausgesprochenen inneren Kämpfe ausdrückt. Der Körper, oft die erste Oberfläche, auf der sich psychischer Schmerz zeigt, wird sowohl zur Leinwand als auch zur Botschaft.
Als Schmuckkünstlerin, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt, fertige ich alle Stücke aus Biomaterialien, um keine Abfälle zu produzieren. Diese bewusste Entscheidung verleiht dem Projekt eine weitere Bedeutungsebene, die nicht nur emotionale Heilung, sondern auch ökologische Verantwortung widerspiegelt.
Ziel des Projekts ist es, durch den Schmuck auf psychosomatische Erkrankungen aufmerksam zu machen und die Verbindung zwischen Geist und Körper sichtbar zu machen.

Chidimma Omeke „MASK; THE CONTEXTUAL CRY“ (Instagram)

Dieses Projekt stellt herkömmliche Definitionen von Schmuck in Frage, indem es sowohl Masken als auch Schmuck als Werkzeuge zur Vermittlung von Identitätstransformation und Selbstdarstellung betrachtet. Durch die Betrachtung von Schmuck als tragbare Maske wird in dieser Arbeit untersucht, wie Schmuck als Brücke zwischen dem Physischen und dem Immateriellen dienen kann, die es dem Träger ermöglicht, in einem kontinuierlichen Zustand der Metamorphose zu existieren. In einer zeitgenössischen Welt, die durch Zeit, Raum und starre soziale Strukturen eingeschränkt ist, gibt Schmuck, wie die Maske, seinem Träger die Möglichkeit, diese Grenzen zu überwinden und seine einzigartige Identität besser zum Ausdruck zu bringen. Die verwendeten Materialien sind Edelsteine, Holz und Gold.

Helena Renner „Mein Körper, die Körper der Anderen“ (Instagram und Webseite)

„Mein Körper, die Körper der Anderen“ hinterfragt Schönheitsnormen, körperliche Tabus und die Kontrolle weiblich gelesener Körper. In meinen Arbeiten thematisiere ich Fettfeindlichkeit und die damit verbundene Scham, den gesellschaftlichen Zwang zur Selbstoptimierung und persönliche Körpergeschichten. Das Zeigen „unperfekter“ Körper und nackter Haut nutze ich dabei nicht als Provokation, sondern als Akt der Sichtbarmachung. Ich arbeite mit Shapewear und Unterwäsche, die ich mit Hilfe von Stickereien, Perlen und Edelsteinen verforme, um das Intime, das Verhältnis zum eigenen Körper, ins Öffentliche zu tragen und dadurch identitätsstiftende Momente zu schaffen. Jede Naht, jede Perle ist ein stiller Widerstand gegen die Vorstellung, wie ein „richtiger“ Körper auszusehen hat. Textile Techniken dienen mir als Werkzeug feministischer Erzählung, um verdrängte Körperrealitäten zu würdigen und neue Narrative sowie Wege zur Selbstakzeptanz zu eröffnen.

Sara Heidary Totshamy „Women’s Visibility“ (Instagram)

In meiner Arbeit nutze ich Stoff als zentrales Medium, um gesellschaftliche Normen herauszufordern und Themen wie Identität, Gleichberechtigung und persönliche Freiheit zu erforschen. Indem ich ein Material, das oft mit Kontrolle und Konformität verbunden ist, in Schmuck verwandle, eigne ich es mir als Symbol für Ermächtigung und Selbstausdruck an.

Jedes von mir geschaffene Stück spiegelt die Widerstandskraft und Stärke von Frauen im Laufe der Geschichte wider und würdigt ihren Kampf für Autonomie und Gleichberechtigung. Meine Arbeit ist nicht nur dekorativ — sie ist eine Erzählung des Widerstands, eine Hommage an die Marginalisierten und eine Einladung, die Grenzen persönlicher und gesellschaftlicher Freiheit neu zu überdenken.

Arianaz Deghan
Poras Dhakan
Grace Horton
Niyoushasadat Moosavi
Helena Renner
Chidimma Omeke

Wie der Infektionsgefahr vorbeugen?

Aus den Vorüberlegungen wird aber klar, dass eine gute Durchlüftung der Räume das Risiko senkt. Mehr dazu im Video von Prof. Aschaber und Prof. Krause vom ScienceLab der TH Rosenheim. Gute Durchlüftung sollte bei Versammlung einer größeren Gruppe damit eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Das Umweltbundesamt hat hierzu allgemeine Leitlinien zur "Gesundheitlichen Bewertung von Kohlendioxid in der Innenraumluft" und eine Sonderstellungnahme SARS-CoV-2  verfasst, an der wir uns im folgenden orientieren werden. Demnach ist eine Konzentration von bis zu 1000 ppm hygienisch unbedenklich. Eine Konzentration zwischen 1000 und 2000 ppm stuft die Leitlinie als bedenklich und alles darüber als inakzeptabel ein. CO2 ist auch ein wichtiger Indikator in der DGHK Stellungnahme zur Prävention in Schulen. Der UBA-Arbeitskreis Lüftung  empfiehlt dazu den Einsatz von CO2-Ampeln. Die DGVU (Unfallkasse) geht noch weiter und plädiert in Zeiten der Epidemie für einen Zielwert von < 1000 ppm in Klassenräumen.  Die neusten Erkenntnisse fasst der für die KMK erstellte UBA Ratgeber "Lüften in Schulen" (15.10.20) zusammen.

Lüften bedeutet nicht nur Luftaustausch, sondern im Winter auch Wärmeverluste. Eine nachhaltige Strategie sollte auch diesen Effekt berücksichtigen. Ist, wie in den meisten Schulen, keine moderne Klimatechnik mit Wärmetauscher vorhanden, so hilft nur Überwachung des CO2 und bedarfsorientiertes bzw. regelmäßiges manuelles Querlüften.

ScienceLab der TH Rosenheim

Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Privacy.

Bedarfsorientiertes Querlüften
Infektionsschutz und Klimaschutz vereinen: Bedarfsorientiertes Querlüften.
Zeitverlauf CO2
Exemplarischer Zeitverlauf der CO2-Konzentration. Querlüftung vs. Kipplüftung. Durch richtiges Lüften lässt sich viel Heizenergie sparen.

Luftfeuchtigkeit

An dieser Stelle möchten wir auch auf einen Zusammenhang zwischen Luftfeuchtigkeit und möglichen Infektionsrisiko hinweisen:

  • Je trockener die Luft, desto schneller verdunstet das Wasser aus den Aerosolen. Kleine Tröpfchen aber bleiben länger schweben und erhöhen das Risiko.
  • Der zeitliche Verlauf (Anreicherung von Salzen im Tropfen) hat Einfluss auf die Inaktivierung des Virus. Je schneller die Verdunstung, desto höher die verbleibende Infektiösität und damit das Risiko.
  • Trockene Luft führt zur Austrocknung der Schleimhäute beim Menschen und damit zu einer erhöhten Infektanfälligkeit.

Ein Forscherteam des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung empfiehlt deshalb eine realtive Luftfeuchtigkeit von 40-60 % in Innenräumen. Die meisten CO2-Ampeln zeigen auch die realtive Feuchtigkeit der Raumluft an. Durch häufiges Lüften im Winter wird diese eher zu niedrig ausfallen. Eine Erhöhung lässt sich z.B. durch viele Zimmerpflanzen auf dem Fensterbrett oder einer Schale Wasser auf dem Heizkörper erzielen.  

Ein kurzer Blick hinter die Kullissen: Zum MINT Hintergrund

Obige Betrachtungen gelten für alle Innenräume, in denen sich Menschen versammeln. Das besondere Augenmerk der IoT-Werkstatt gilt aber den Klassenräumen in unseren Schulen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, lassen sich klassische Lüftungsempfehlungen ("Alle x Minuten Querlüften") vielerorts aus baulichen Gründen nur schwer umsetzen. Empirische Untersuchungen (Unfallkasse NRW, Fraunhofer IBP, NLGA, nochmal Unfallkasse NRW) orientieren sich deshalb oft an den oberen Grenzwerten des UBA und versuchen die Situation über Lüftungstools (Unfallkasse NRW,Fraunhofer WKI) oder Apps zu modellieren.

Hier wäre eine Kontrolle des Lüftungserfolgs und ggf. individuelle Anpassung des Zeitintervalls / der Lüftungsdauer sinnvoll. Kipplüften ist quasi wirkungslos und führt nur zu einem erhöhten Heizungsbedarf der Schule. Kommt die kältere Jahreszeit, so geraten gut gemeinte Empfehlungen auch an psychologische Grenzen. Im Forschungsprojekt REGENA haben wir feststellen können: Keiner im Raum möchte unnötig frieren - intelligente Messung statt zeitliche Steuerung ist essentiell für eine Nutzerakzeptanz.  

Wie können wir die Nutzerakzeptanz in der Schule erhöhen?

Kleine Interventionen, wie der obige Fensterhänger aus Niedersachsen, können tatsächlich die Aufmerksamkeit auf den Lüftungsprozess lenken. Noch besser aber wäre es, wenn die zugrundeliegenden Naturgesetze im Rahmen eines Selbstbauprojektes im Unterricht klar thematisiert würden. Lehrkräfte aus MINT (Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik, Technik) können sich ebenso einbringen, wie Kolleginnen und Kollegen aus Kunst oder Ethik. Warum keine individuell gestaltete Ampel im Design der Schule?

Der Selbstbau einer CO2-Überwachungsampel fürs eigene Klassenzimmer bildet, fördert Kreativität und gibt allen Beteiligten das Gefühl, selbst etwas zur Risikovermeidung und zum Schutz der Gesellschaft beizutragen. In der Folge werden wir hier weitere Links zu den MINT-Hintergründen von COVID-19 einstellen. Wir freuen uns über jeden Hinweis zu geeigneten Quellen.

  • Physik:   Sinkgeschwindigkeit 1 µm:  10 cm / Stunde -> Tröpfchen schweben lange Zeit im Raum. Ein Video einer Forschergruppe der Universität Twente verdeutlicht die Reichweite der Tröpfchen. Wie hängt der Heizbedarf eines Klassenzimmers mit der Lüftungsstrategie zusammen, wieso darf die Luft im Raum abkühlen, die Betonwände sollten es aber nicht? Lernmaterial: "Wärmekapazität" auf studyflix.de. Eine Berliner Initiative bietet den Verleih von Messgeräten und ausgearbeitete Lerneinheiten zur schulischen Begleitung. 
  • Biologie: Virusgröße: 0.12 µm, also fürs Auge unsichtbar (Fotos, Nachweismehoden im Tweet von Marco Binder), Bestandteile eines Virus und Infektionsaktivität in Luft: Halbwertszeit 2.7 Stunden - was bedeutet das? Ausatemluft enthält höhere CO2-Konzentration als Einatemluft -> CO2 akkumuliert im Raum.  Hohe CO2-Konzentrationen haben auch Einfluss auch auf das Gehirn (Konzentrationsleistung). Das Lehrmaterial "Frische Luft für frisches Denken" der Landesunfallkasse Niedersachsen verdeutlicht: Die Aufmerksamkeit reduziert sich um bis zu 10%. Wie funktionieren PCR-Test-Kits für SARS-COV-2? Lässt sich die LAMP-Hardware dafür vielleicht sogar selber bauen und im Unterricht demonstrieren?.
  • Chemie:  Messung der CO2-Konzentration aufgrund IR-Absorption. Lehrmaterial: Unterrichtsvorbereitung und Veröffentlichungen der LMU München und PH Ludwigsburg. Oder beim Spektrometer der IoT-Werkstatt. Warum führt Lüften im Winter eigentlich zu trockner Luft? Aufklärung schafft die Chemie-Schule.
  • Mathe:   Massenbilanz CO2 -> Eine einfache Rechnung zeigt: bei 1200 ppm wurden fast 2 % der Raumluft schon einmal ausgeatmet. (1.200 ppm gemessen minus 400 ppm Basiskonzentration Frischluft ergibt 800 ppm zusätzlich. Das sind 2 % von 40.000 ppm der Ausatemkonzentration). Wie kann man die Wirkung von Mund- Nasenbedeckungen mathematisch beschreiben? Eine interaktive Webseite von Aatish Bhatia und Henry Reich gibt Aufschuß über "Maskenmathematik" und zeigt: Masken wirken doppelt! Die PH Freiburg hat eine tolle Aufgabensammlung zur Mathematik rund um Corona entwickelt.
  • Informatik: Algorithmus der Ampel (geschachtelte Fallunterscheidung). Simulation des Infektionsverlaufs mittels einfacher Ausbreitungsmodelle. Was bewirkt die von uns erreichte Reduktion der Ansteckungsgefahr für die Gesellschaft? Hier gibt es bereits eine tolle Lerneinheit von Marcel Salathé und Nicky Case.
  • Technik:   Mikrocontrollerboards mit Sensorik im Maker-Space. Kosten ~ 100 bis 200 € pro Device (siehe unten). Wie funktioniert Klimatechnik, was macht ein HEPA-Luftfilter, wie wirken UV-Lampen oder eine Wärmerückgewinnung?
  • Nachhaltigkeit

    Richtiges Lüften schont die Umwelt, spart Heizkosten und mindert CO2-Emmissionen. In einem Einfamilienhaus lassen sich so 165 Euro pro Jahr sparen und 560 kg CO2 vermeiden.Die meiste Energie ist nämlich in den Wänden und im Inventar der Klasse gespeichert. Kipplüften führt dazu, dass sich auch die Wände abkühlen und später wieder aufgeheizt werden müssen. Beim Querlüften wird nur die Luft ausgetauscht, deren Energiegehalt aufgrund der niedrigen spez. Wärmekapazität deutlich geringer ist.

Selbstbau einer Risiko-Ampel

Im Folgenden wollen wir eine IoT-Anwendung bauen, um das Infektionsrisiko in Innenräumen zu quantifizieren und in Form einer Risiko-Ampel zu visualisieren. Zeigt die Ampel gelb oder rot, ist es Zeit, die Fenster zu öffnen, oder den Raum zu verlassen. (Natürlich setzen sich die Aerosole aufgrund der Schwerkraft irgendwann ab, ein nichtbelüfteter Raum mit "schlechter Luft von gestern" ist vielleicht harmlos, aber darauf wollen wir es natürlich nicht ankommen lassen).

Dazu benötigen wir einen Sensor für die CO2-Konzentration. Typisches Messverfahren für Kohlendioxid ist die Infrarot-Absorption. Hier gibt es viele verschiedene Modelle auf dem Markt, teilweise mit analogem Ausgang, so dass ein Anschluss an den Octopus einfach mit dem AnalogRead-Baustein erfolgen kann. Zur Anzeige bietet der Maker-Bedarf verschiedene Optionen. Ob Ampel, Zahlenwert, oder Textausgabe: Die grafischen Blöcke der IoT2-Werkstatt bieten maximale Flexibilität bei der Prgrammierung. Der eigenen Kreativität sind praktisch keine Grenzen gesetzt.

Zum Bau sind nur wenige Schritte notwendig. Wie das genau geht, zeigen wir euch hier Schritt für Schritt.

Hinweis: Unsere Selbstbau-Ideen basieren auf der Hardware des IoT-Octopus oder des Adafruit Feather HUZZAH ESP8266. Unsere IoT-Werkstatt bietet aber auch die ideale Plattform für alle anderen esp8266 basierten Systeme (NodeMCU, Wemos D1). Den dazu notwendigen Schaltplan des Octopus gibt es hier. Leider ist der Weltmarkt an Bauteilen mittlerweile fast leergefegt. Guido Burger bietet eine DIY-Universalplatine und Bausätze, mit der sich noch verfügbare Komponenten nutzen lassen. Auch die Make aus dem Heise-Verlag verschenkt solche Platinen.

Abstand, Masken und Aerosole

Abstand, Masken und Aerosole
Abbildung nach https://tquev.github.io/covid-19/

Was haben Hygienemaßnahmen, Abstandsregeln und Masken gemeinsam?

Richtig, diese Maßnahmen helfen uns, das Ansteckungsrisiko zu verringern und damit die für den zukünftigen Pandemieverlauf so wichtige Reproduktionszahl R zu verkleinern. Die Zahl R ist ein Maß dafür, wieviele weitere Menschen eine infizierte Person ansteckt. Ist R>1, so sehen wir einen exponentiellen Kankheitsverlauf in der Gesellschaft und müssen wieder stärkere Maßnahmen (Schulschließungen) befürchten. Fachleute sprechen von einer jahrelang möglichen "Hammer und Tanz"-Strategie. Hintergründe dazu und verschiede Szenarien finden sich in der liebevoll illustrierten interaktiven Lerneinheit von Marcel Salathé und Nicky Case, auf deren Idee auch die nebenstehende Abbildung basiert.

Ziel muß es sein, die Zahl R unter 1 zu drücken, d.h. dafür zu sorgen, dass ein Infizierter im Laufe seiner Erkrankung weniger als eine weitere Person ansteckt. Überall dort, wo Abstandsregeln und Mund-Nasen-Bedeckungen nur schwer umsetzbar sind (z.B. im Schulunterricht), brauchen wir ein weiteres Werkzeug dazu.

Und hier bietet sich das Monitoring des CO2-Gehaltes in der Innenraumluft an.

Bilderrahmen mit Ampel
In einem Bilderrahmen eingebaut, symbolisiert ein leuchtender Neopixel-Ring das potentielle Infektionsrisiko.
Anzeigeoptionen
Neben Neopixel-Streifen können verschiedene Feather-Wings zur Anzeige genutzt werden. Entsprechende Ardublock-Elemente finden sich im Werkzeugkasten "Externe Interfaces" auf der linken Seite der Ardublock-GUI (Foto: G. Burger).
Verdrahtung Octi
Der Octopus wird mittels Grove-Kabel mit dem Sensor verbunden. Foto: G. Burger
Kunstobjekt
Wer möchte, der kann zur Anzeige auch ein selbstgedrucktes 3D-Kunstobjekt verwenden. Dann ändert der Kopf des Kolibris seine Farbe in Abhängigkeit des Infektionsrisikos. (Klicken um näheres zu erfahren). Die Vorlage von Damian Riggert findet sich unter https://www.thingiverse.com/thing:3102443

Kein CO2-Sensor verfügbar, was tun?

Besitzer eines Octopus mit Bosch BME 680 Umweltsensor können den eingebauten VOC-Sensor (volatile organic compounds, flüchtige organische Komponenten) nutzen, um CO2 abzuschätzen (CO2-Equivalent).

Das Funktionsprinzip: Beim Gasaustausch in der Lunge sind nicht nur CO2 und Sauerstoff beteiligt, sondern es gehen weitere Blutbestandteile in die Luft über. Diese organischen Komponenten führen zu einer erhöhten VOC-Konzentration der ausgeatmeten Luft. Ein Software-Sensor in der BSEC-Bibliothek des BME 680 rechnet diese in equivalente CO2-Konzentrationen um. Wir messen damit also nur das von Personen ausgeatmete CO2, das CO2 einer Sprudelflasche könnte dieser Softwaresensor nicht detektieren. Ein Effekt, der für unsere aktuelle Anwendung geradezu ideal passt. Allerdings sollen die Nachteile hier nicht verschwiegen werden: Auch andere VOC-Quellen (Desinfektionsmittel, Alkohol, Mundgeruch, Formaldehyd) verfälschen die Messung. Ggf. müssen die Alarmgrenzen also etwas angepasst werden.  Mehr Informationen und Hintergründe zu VOC in Schulen z.B. im Leitfaden für die Innenraumhygiene in Schulgebäuden des Umweltbundesamtes.

Hinweis: Der Software-Sensor benötigt einige Zeit zur Selbstkalibrierung. Der Zustand der Kalibrierung wird im Sensorkanal "IAQ Accuracy"  angezeigt. (Accuracy 0: Sensor nicht stabil bis Accuracy 3: Sensor erfolgreich kalibriert). Weitere Information dazu hier. So ein Softwaresensor ist jedenfalls ein tolles Beispiel für den Einsatz von Modellbildung und Machine Learning.

 

 

Risiko-Ampel mit BME680
Der Bosch Umweltsensor kann VOC detektieren und mittels BSEC-Lib in CO2 umrechnen. Dazu benötigt der Sensor einige Zeit der Selbstkalibrierung. Richtig vertrauenwürdig sind die Messungen also erst nach ein paar Stunden.

Schul-Dashboard, Fernüberwachung und Klimaschutz

Dank IoT-Superblöcken, können wir die Messergebnisse im Internet sichtbar machen. Nur schulintern, oder sogar weltweit. Einfach per WLAN ins Internet und über die Thingspeak-Datenplattform mitloggen / visualisieren. So ist die Historie eines jeden Raums jederzeit im Blick, einem Lüftungswettbewerb steht also von technischer Seite nichts entgegen. Der Thingspeak-Server von Mathworks erlaubt sogar die Nutzung von Matlab zur statistischen Auswertung oder zur Modellierung von Vorhersagen (näheres zu mathematischen Modellen und Matlab hier). Auch grafische Elemente (Gauge) sind integrierbar. Neugierig? Alles weitere hier.

Und als möglicher Ausblick: Gäbe es eine entsprechende Infrastruktur, so könnte unsere Ampel auch selbst das aktuelle Infektionsgeschehen in unserem Landkreis abfragen. Wir könnten die Warngrenzen also ans aktuelle lokale Risiko adaptieren.

Die CO2-Konzentration allein sagt noch nichts über das Infektionsrisiko. Wichtige Kenngröße ist natürlich auch die Anzahl der im Raum befindlichen Personen. Sind wir selbst die alleinige CO2-Quelle (Einzelbüro), so gibt es auch bei hoher Konzentration kein hygienisches Risiko. Dank Pax-Counter kennen wir aber sogar die Belegung der einzelnen Räume. Ein Pax-Counter zählt anhand der MAC Adresse des WLAN-Interfaces die im Raum befindlichen Smartphones (näheres zum Pax-Counter hier).

Thingspeak CO2 Messung
Ein einfacher IoT-Superblock reicht, um unsere Daten in der Cloud zu speichern. Dazu vorher einen Kanal am Thingspeak-Server einrichten. Der API-Key dient zur Autorisierung.
Dashboard für die Schule
Ein Dashboard bietet stets den aktuellen Überblick über die Messwerte in den einzelnen Räumen.
Thingspeak mit Pax-Counter
Der Pax-Counter nutzt das WLAN Interface um nach AP-Requests zu suchen. Die MAC Adressen erlauben eine Abschätzung der im Raum befindlichen Personen. Zur Übertragung ins Thingspeak, muß das WLAN-Interface wieder Kontakt zum eigenen Access-Point aufnehmen.
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